DSGVO – berechtigter Schuldnerschutz oder Stolperfalle für die Gläubiger?

25. Mai 2018

Mit der Veröffentlichung dieses Beitrags gilt die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im vollen Umfang. Dieser Thematik konnte sich in den letzten Wochen kein Unternehmer und Betreiber einer gewerblichen Webseite entziehen. Dem grundsätzlich sinnvollen Leitgedanken, den Schutz der personenbezogenen Daten aller EU-Bürger grenzübergreifend zu stärken und zu vereinheitlichen, stehen mehrere Kritikpunkte und Unsicherheiten gegenüber. In Folge dessen haben einige Seitenbetreiber nun vorerst ihre Internetpräsenz offline genommen, Newsletter-Verteiler eingestampft oder durch teilweise unsinnige Einverständniserklärungen erheblich reduziert. Einige Dienstleister ziehen sich sogar komplett aus ihrem Geschäft zurück.

Das DSGVO-Karussell – Runde 1

Mehrere Maßnahmen werden wohl auch dazu führen, dass etliche offene Rechnungen nicht mehr beglichen bzw. beigetrieben werden können. Hier kommt jetzt der zweite negative Aspekt der DSGVO ins Spiel: War es für Inkasso-Dienstleister und Anwälte bisher möglich, mit einem Nachweis des berechtigten Interesses personenbezogene Daten der Schuldner von Auskunfteien und Detekteien ermitteln zu lassen (Bankverbindungen, Arbeitgeber-Informationen, Rentenversicherungsdaten, etc.), steht diese Möglichkeit ab dem 25.05.2018 in dieser Form nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Zwar erhält man über einen Gerichtsvollzieher immer noch die für eine Forderungs-Realisierung notwendigen Informationen – die Kosten für die außergerichtlichen Ermittlungen sind nun um das 5-fache bis 7-fache gestiegen.

Zudem zieht der offizielle Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft auch unmittelbar negative Konsequenzen für den Schuldner nach sich (Schufa-Eintrag), die bei Beauftragung einer Detektei vermieden werden konnten. Denn entgegen der langläufigen Meinung versucht man auch als Inkasso-Dienstleister, die Auswirkungen für den säumigen Zahler – soweit möglich – zu begrenzen und nicht sofort mit Kanonen auf Spatzen zu schießen.

Auch die gesetzliche Verpflichtung zur Schadenminimierung zielt in die gleiche Richtung: Anwälte und Inkasso-Unternehmen sind angehalten, im Interesse ihrer Klienten UND der Schuldner stets den kostengünstigsten Weg zu beschreiten.

Das DSGVO-Karussell – Runde 2

Infolge dieser Restriktionen verlieren nicht nur Auskunfteien und Detekteien einen Teil ihrer Geschäftsgrundlage, auch die Realisierung von Forderungen wird damit zukünftig deutlich erschwert – da die erforderlichen Informationen einfach nicht mehr mit vertretbarem Kostenaufwand erhoben werden können. In unserem Branchennetzwerk schließen bereits einige Detekteien und Auskunfteien ihre Pforten. Gerichtsvollzieher werden wohl oder übel viel mehr Arbeit bekommen, als sie innerhalb der gesetzlichen Fristen bewältigen können.

Das DSGVO-Karussell dreht sich weiter, denn nicht realisierte Forderungen können auch zur finanziellen Schieflage der Gläubiger führen, die dann selbst Probleme bekommen, alle offenen Rechnungen oder Gehälter ihrer Mitarbeiter pünktlich oder überhaupt zu bezahlen. Dieser Teufelskreis kann aber durch sorgfältige, rechtskonforme und natürlich angemessene Prophylaxe wirksam durchbrochen werden:

Das DSVGO-Karussell – rechtzeitig vorbeugen mit Eigeninitiative

Tatsächlich haben Sie zu Beginn einer geschäftlichen Beziehung mit einem privaten oder gewerblichen Kunden bereits ein berechtigtes Interesse, einige wichtige Informationen einzuholen und zu speichern, die im Falle eines Forderungs(aus)falles erfolgsentscheidend werden können. Die Grundlage findet sich im Artikel 6 der DSGVO: „(…) Verarbeitung (und Speicherung) ist für die Erfüllung eines Vertrags oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich“. Diese benötigen Sie dann ja auch, um überhaupt geschäftliche Transaktionen durchzuführen, Rechnungen zu stellen oder Zahlungen zuordnen zu können.

Um nachher nicht auf offenen Rechnungen sitzen zu bleiben, weil die erforderlichen Daten nicht mehr eingeholt werden können, sollten Sie zumindest die folgenden Informationen speichern: Vor- und Zuname, ggf. Name der Firma, Adresse, Steuer-Nr./Ust-ID, Bankverbindung – und bei Privatpersonen auch noch das Geburtsdatum zur unzweifelhaften Identifizierung. Viele Rechnungs-Programme fragen diese Daten bereits bei Neuanlage eines Kunden ab.

Natürlich haben Ihre Kunden stets das Recht, dass die von Ihnen gespeicherten Daten nach Beendigung der Geschäftsbeziehung (nach einmaliger oder mehrfacher Inanspruchnahme von Inkasso-Dienstleistungen nicht unwahrscheinlich) auch endgültig gelöscht werden.

Fazit

Wer auch in Zeiten der DSGVO mit Unterstützung von Inkasso-Dienstleistern erfolgreich seine offenen Forderungen realisieren möchte, sollte eigeninitiativ vorarbeiten, ohne in eine Sammelwut zu verfallen. Wichtig ist,  Rechnungen und Mahnungen zügig zu stellen und auf den Weg schicken, um als Gläubiger im schlimmsten Fall nicht „einer von vielen“ zu werden und auf den Forderungen sitzen zu bleiben. Diese Empfehlungen dienen nicht dazu, größeres Misstrauen gegenüber bestehenden, neuen oder potentiellen Kunden aufzubauen, sondern sich lediglich angemessen vorzubereiten ohne die Vorgaben der DSGVO zu missachten.