Forderungsverkauf statt Inkasso – realistische Alternative?

16. September 2019

Wir erhalten immer wieder Anfragen von Gläubigern – mit privatem und gewerblichem Hintergrund – die ihre ausstehenden Forderungen verkaufen wollen. Dabei werden verschiedene Ausgangssituationen geschildert:

  • es ist bereits ein gerichtlicher Titel vorhanden (hier sprechen wir von titulierten bzw. Alt-Forderung),
  • es gibt eine offene/unbezahlte Rechnung, die bereits mehrfach schriftlich angemahnt wurde (hier sprechen wir von fälligen Forderungen) und
  • es gibt eine offene/aktuelle Forderung, deren Zahlungsziel noch nicht erreicht ist (hier sprechen wir von frischen bzw. nicht fälligen Forderung).

Der Grund für den Wunsch nach einem Forderungsverkauf – egal in welchem Stadium – ist fast immer der gleiche: die Betroffenen sind es meist einfach nur noch leid, ihrem Geld hinterher zu laufen.

Diesen Frust können wir als Inkasso-Dienstleister sehr gut nachvollziehen. Der Wunsch der Gläubiger, ihre Außenstände zu verkaufen, um die ausstehenden Beträge jetzt zu bekommen und keine weiteren Gedanken oder gar Geld zu investieren ist bestechend gut, ist aber nicht so einfach zu realisieren.

Tatsächlich kaufen wir grundsätzlich keine Forderungen an – weder titulierte (d.h. gerichtlich bestätigte) noch offene Forderung egal ob sie „fällig“ oder „frisch“ sind.

Schauen wir uns die einzelnen Ausgangssituationen genauer an.

Verkauf von bereits titulierten Forderungen

Allgemeines:

Es gibt einige wenige Unternehmen, die titulierte Forderungen von Gläubigern ankaufen. Diese Unternehmen kaufen in der Regel keine Einzelforderungen sondern nur größere Kontingente (Bsp: 500 und mehr Titel eines Gläubigers) an. Die Unternehmen erhalten im Vorwege eine detaillierte Aufstellung über die titulierten Forderungen, die bereits ausgegebenen Auslagen, das Alter der jeweiligen Forderung, die genauen Daten zum Schuldner (Name, Anschrift, Geb.-Datum) sowie ggfs. geleistete Zahlungen. Laut unseren Erfahrungen und Informationen werden meist zwischen 3% bis max. 8% der titulierten Beträge an die Gläubiger für diese Forderungen bezahlt.

Aus unserer Perspektive:

Unsere Gründe dafür, dass wir keine Forderungen ankaufen, liegen (eigentlich) auf der Hand: Es lohnt sich schlicht und ergreifend wirtschaftlich nicht. Selbst wenn wir eine Forderung für 5 oder 8 Prozent der ursprünglichen Summe übernehmen, gehen wir mit diesem Betrag SOFORT in Vorleistung, ohne auch nur eine Garantie zu erhalten, selbst diesen Betrag bei dem jeweiligen Schuldner realisieren zu können. Mit diesen sehr schwammigen Zukunftsaussichten investieren wir wertvolle Zeit und Arbeitskraft, die unseren anderen Kunden dann nicht mehr zur Verfügung stehen.

Aus der Perspektive des Gläubigers:

Entscheidet sich ein Gläubiger, seine offenen Forderungen schlussendlich zu verkaufen, geht es fast nur noch um Schadensbegrenzung. Die Beträge, die unterm Strich herauskommen, sollen den Frust, den Ärger und die investierten Ressourcen wenigstens ein wenig lindern. Üblicherweise bewegen sich die Forderungen in einem Bereich, der zwar mehr oder weniger starke Konsequenzen auf den Cash-Flow hat, auf 5 bis 8 Prozent heruntergebrochen aber dann nur noch wie ein lauwarmer Tropfen auf einen heißen Stein trifft.

Die psychologische Wirkung ist hierbei auch zu bedenken: Man konnte immerhin noch ein wenig des hart erarbeiteten Geldes retten. Dieser gedankliche Beruhigungstropfen verhindert aber oftmals, dass ein nachhaltiges Umdenken in Bezug auf das allgemeine Forderungsmanagement stattfindet.

Einige unserer Mandanten haben sich beispielsweise erst nach einem harten und nicht abgefederten Totalausfall einer Forderung mit uns in Verbindung gesetzt, um kaufmännisch sinnvolle Wege mit uns abzustimmen, wie das Risiko eines Forderungsausfalles bereits im Vorwege erkennbar und meist vermieden werden kann.

Factoring – Verkauf von frischen/nicht fälligen Forderungen

Das sogenannte Factoring ist ein sehr sinnvoller Weg gerade für kleine Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler, den so wichtigen Cash-Flow zu sichern und möglichen Zahlungsausfällen schon IM VORWEGE entgegenzutreten. Für einen gewissen Bearbeitungsbetrag (x-% des offenen Rechnungsbetrages) werden Forderungen direkt bei Rechnungsstellung an das Factoring-Unternehmen verkauft, üblicherweise erhält man innerhalb kürzester Zeit sein Geld (abzüglich der Bearbeitungsgebühr) und muss sich keine Gedanken um eventuelle Zahlungsschwierigkeiten des Kunden mehr machen. Auch belasten verzögerte Zahlungen nicht das direkte Verhältnis von Auftraggeber und -nehmer, der Factoring-Dienstleister übernimmt die unbeliebte Rolle des Mahners. Wir bieten selbst keine Factoring-Dienstleistungen an, binden aber gerne im Rahmen unserer Forderungs-Management-Beratung unsere Kooperationspartner auf dem Gebiet mit ein.

Beim Factoring sollte stets darauf geachtet werden, dass die Rechnung und die Telefonnummer des Gläubigers auf den Rechnungen stehen. Falls der Kunde mit einem Wunsch nach Nachbesserung, einer Nachfrage oder gar einer kleinen Reklamation nicht bei Ihnen, sondern bei dem Factoring-Unternehmen landet, ist das Gespräch für Sie vielleicht verloren, wenn der Kunde sich nicht erstgenommen fühlt und keinen kompetenten Ansprechpartner hat. Ein Kunde, der zum Hörer greift und das Gespräch sucht, ist wertvoll und sollte nicht an den Wettbewerb verloren gehen.

Verkauf von fälligen Forderungen

Wir kennen keinen Dienstleister der Forderungen ankauft, bei denen das Zahlungsziel bereits erreicht oder überschritten ist.

Inkasso – Konsequenz und Professionalität zahlen sich aus

Das Inkasso fälliger und angemahnter aber auch bereits titulierter Forderungen im Auftrag unserer Kunden gehört zu unseren Kernkompetenzen. Besonders erfolgreich sind wir dank einer klaren und zügigen Kommunikation sowie unserer umfassenden und prophylaktischen Beratung vorab. Wenn wir das komplette Forderungs-Management für unsere Kunden übernehmen, werden schon vor der eigentlichen Rechnungsstellung wichtige Weichen gestellt und auch wenig bekannte Stolperfallen konsequent vermieden.

Fazit

Wenn sich der Verkauf einer alten und bereits titulierten Forderung als allerletzter Ausweg aufdrängt, ist das Kind nicht nur in den Brunnen gefallen, sondern hat bereits reichlich Wasser geschluckt. Zwar schaffen es ein paar Spezialanbieter mit einem guten finanziellen Polster im Rücken und meistens auch nur bei großen Forderungsmengen, den Gläubigern 3 bis 8 Prozent der ursprünglichen Summe als Trostpflaster anzubieten.

Nachhaltiger handelt jedoch der Gläubiger, der zukünftig mehr auf eine angemessene und vorausschauende Vorsorge setzt. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um im Vorwege ein planvolles Forderungsmanagement mit Ihnen aufzusetzen und zu betreiben.